Panta rhei - alles fließt. Wissen aus erster Hand: Technologische Führerschaft der europäischen Pumpenindustrie
Ein Interview mit Geschäfstführer Professor Helmut Jaberg im Magazin Autlook. Alles fließt. Diesem Motto fühlt sich O.Univ.-Prof. DI Dr. Helmut Jaberg, Leiter des Instituts für Hydraulische Strömungsmaschinen der TU Graz, in besonderem Maße verpflichtet. Pumpen-Know-How wird in den verschiedensten Branchen, wie etwa der chemischen und verfahrenstechnischen Industrie, Raffinerien, den Wasser- und Abwasserverbänden, aber auch in den Bereichen Lebensmittel- und Papiertechnik sowie in der Pharmazie immer wichtiger. Pumpenausfälle führen zu Anlagestillständen, die erhebliche Kosten verursachen, weshalb auf die korrekte Funktion der Pumpenaggregate größter Wert zu legen ist.
Herr Jaberg, vor 20 Jahren haben Sie eine Veranstaltung ins Leben gerufen, die mittlerweile als unverzichtbares Highlight der Branche gilt: die jährliche Praktikerkonferenz. Worum geht´s dabei?
Professor Helmut Jaberg: Genau, die erste Praktikerkonferenz hat 1996 stattgefunden. Wir waren zu Beginn selbst überrascht von der positiven Resonanz und dem großen Interesse, die diesem Thema entgegengebracht wurden. Der ursprüngliche Titel hieß »Praktikerkonferenz für Pumpen in der Verfahrenstechnik«, dem sind wir bis heute treu geblieben. Natürlich setzen wir dabei auf unterschiedliche thematische Schwerpunkte und behandeln aktuelle Themen und Problemstellungen aus der Praxis.
Wer ist die Zielgruppe dieser Veranstaltung, wen möchten Sie damit ansprechen?
Jaberg: Im Prinzip alle, die in der Pumpen-Branche tätig sind. Das sind Betreiber, Hersteller, Planer und Service-Betriebe gleichermaßen. Unsere Referenten sind handverlesen und in ihren Unternehmen die absoluten Pumpen-Fachleute. Entsprechend ihrer Erfahrung haben die behandelten Themen somit höchste Praxisrelevanz. Rund 100 Teilnehmer jedes Jahr bestätigen uns das und kommen auch gerne immer wieder. Wir haben viele »Stammgäste« unter den Teilnehmern, was für die Qualität der Vorträge und Themen spricht. Darauf, dass sich diese Konferenz im Laufe der Jahre als eine der bedeutendsten Veranstaltungen dieser Art im gesamten deutschsprachigen Raum etablieren konnte, sind wir besonders stolz.
Für jene, die bisher noch nicht dabei sein konnten: Wann und wo findet die nächste Praktikerkonferenz statt und welche Schwerpunkte wird es geben?
Jaberg: Dieses Jahr findet unsere Praktikerkonferenz von 24.04.–26.04.2017 über den Dächern von Graz statt. Auf dem Grazer Schlossberg werden unsere Referenten aus ihrem breiten Erfahrungsschatz über innovative Lösungen, zukunftsweisende Entwicklungen beim Einsatz oder troubleshooting von Pumpen berichten.
Damit auch für entsprechenden Nachwuchs mit pumpenspezifischem Fachwissen gesorgt ist, wurde vor 14 Jahren ein Fernstudium ins Leben gerufen – der Pumpenfachingenieur. Was genau ist das und für wen ist das interessant?
Jaberg: Pumpen-Know-how wird immer wichtiger, und Fachleute mit diesem Spezialwissen auszustatten sehen wir als unsere Aufgabe. Entstanden ist dieser Weiterbildungskursus aus der Praktikerkonferenz heraus. Wir stellten fest, dass die Ausbildung an technischen Hochschulen in diesem Bereich zu wenig spezifisch war und eine gründliche Vertiefung, wie sie in der Pumpenbranche benötigt wird, von einem Maschinenbau-Studium nicht abgedeckt werden kann. So entstand die Idee, eine ergänzende Ausbildung für jene, die in der Pumpenbranche arbeiten, anzubieten. Gemeinsam mit drei Branchen-Kollegen, Dr. Friedrich-Wilhelm Hennecke, langjähriger Leiter des Pumpenzentrums bei BASF, Professor Paul-Uwe Thamsen von der TU Berlin und Dr. Walter Schicketanz, damals Leiter einer Planungseinheit im Engineering bei BASF, alles Spezialisten in diesem Bereich, gründeten wir schließlich die Pumpenfachingenieur GmbH. Zu Beginn hatten wir mit kleinen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen, aber mittlerweile schicken sowohl Hersteller, als auch Betreiber und Planer ihre Mitarbeiter zu uns, um sie zu Pumpen-Spezialisten ausbilden zu lassen.
Mit welchem zeitlichen Aufwand muss man rechnen und welche Voraussetzungen muss man als Teilnehmer mitbringen?
Jaberg: Der Kurs dauert insgesamt 13–14 Monate und wird als Fernstudium geführt. Damit lässt es sich gut mit der Berufstätigkeit vereinbaren. Es gibt insgesamt acht sogenannte Präsenzveranstaltungen, bei denen die Studenten anwesend sein müssen. Diese finden jeweils freitags und samstags im Praxisumfeld, also z.B. in einem Werk, statt. Sämtliche Prüfungen können zudem online abgelegt werden, was wiederum Zeit und Fahrtwege spart.
Zielgruppe des Pumpenfachingenieur-Lehrgangs sind alle Berufstätigen, die sich mit Pumpen beschäftigen: Personen, die eine neue Aufgabe suchen, Quereinsteiger und Experten, die Ihr Wissen vertiefen möchten. Die Ausbildung ist jedoch anspruchsvoll und es wird größter Wert auf Qualität gelegt. Mit einem ausgeklügelten Lehrkonzept, umfassenden Unterlagen, die später auch als Nachschlagewerke dienen, und einer internet-basierten Lehrplattform stellen wir sicher, dass unsere Absolventen bestens ausgebildete Spezialisten sind. Übrigens, aufgrund der großen internationalen Nachfrage wird der Lehrgang seit mittlerweile sechs Jahren auch in englischer Sprache angeboten.
Nach erfolgreichem Abschluss bekommen die Teilnehmer dann den Titel »Pumpenfachingenieur« bzw. »Pumpenfachtechniker« oder in der internationalen Version »(certified) pump engineer« bzw. »(certified) pump technician«, verliehen.
Wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte der Ausbildung?
Jaberg: Auf der Pumpentechnik, ganz klar. Es beginnt mit pumpennahen Grundlagen, z.B. Was ist eine Anlage? Wie berechnet man eine Anlage? Warum funktioniert eine Pumpe? Welche Fördermedien gibt es? Welche Materialien gibt es? Danach werden alle Details eines Pumpenaggregats erörtert: Welle, Lagerungen, Dichtungen. Der dritte große Bereich umfasst Pumpen in der Anlage, wo Wechselwirkungen innerhalb einer Anlage thematisiert werden. Im vierten und abschließenden Teil kann jeder Teilnehmer zwei Vertiefungsfächer wählen, z.B. chemische Verfahrenstechnik, Raffinerietechnik, Abwassertechnik, etc. Diese Vertiefungen finden immer vor Ort statt, beispielsweise in einer verfahrenstechnischen Anlage, in einem thermischen Kraftwerk oder in einem Wasserwerk, wo dann die jeweils spezifischen Anforderungen behandelt werden. Die Praxisrelevanz ist für uns das Um und Auf und wie die Referenten bei der Praktikerkonferenz stehen auch hier die Lehrbeauftragten und Professoren mitten im Berufsleben, sind also keine Theoretiker.
Herr Jaberg, vielen Dank für das Gespräch!